Die Rheinlande nach dem Wiener Kongress 1815
Nach dem Zusammenbruch der französischen Herrschaft
Ende 1813 ging die Initiative des politischen Handelns am gesamten
Niederrhein an Preußen über, das durch den Wiener Kongress territorial
gesehen das gesamte Rheinland (wie auch Westfalen) zugesprochen bekam.
Das heißt, Preußen gewann nicht nur die bereits 1794 in seinem Besitz
befindlichen Territorien (Herzogtum Kleve, Fürstentum Moers und Herzogtum
Geldern) sowie die in der napoleonischen Ära gewonnenen Gebiete (Essen,
Werden, Elten, Teile des Fürstbistums Münster) zurück. Vielmehr trat
es das Erbe aller anderen rheinischen Territorialherren an, indem
es auch die ehemals kurkölnischen und bergisch-jülichschen Besitzungen
sowie die ehemaligen Kleinherrschaften am Niederrhein übernahm. Es
ist bekannt, dass der preußische König diese ,Wacht am Rhein' weder
angestrebt noch ohne Bedenken angenommen hat, doch Preußen war die
einzige Macht, die ein ausreichendes Gegengewicht gegen mögliche neue
französische Ansprüche garantieren konnte.
Bereits im März 1814 wurde als provisorische Verwaltungseinheit das
, Generalgouvernement Niederrhein' eingerichtet, das vom Generalgouvernement
Nieder- und Mittelrhein' abgelöst wurde. 1815 wurden dann aus den
rheinischen Gebieten zunächst zwei Provinzen geschaffen. Die nördliche
Provinz Jülich-Kleve-Berg' knüpfte in ihrer Namensgebung noch an die
alten und vorrevolutionären Territorien an. Sie hatte ihren Sitz (Oberpräsidium)
in Köln und bestand aus den Regierungsbezirken Düsseldorf, Kleve und
Köln. Der Regierungsbezirk Kleve wurde allerdings aus Ersparnisgründen
bereits 1821 wieder aufgelöst und dem Regierungsbezirk Düsseldorf
zugeschlagen. Die erheblich größere südliche Provinz, die ,Provinz
Niederrhein', hatte ihren Sitz in Koblenz und um-fasste die Regierungsbezirke
Koblenz, Aachen und Trier. Nach unserem heutigen Verständnis des Begriffes
Niederrhein ist es äußerst befremdlich, dass gerade die südliche Provinz
,Provinz Niederrhein' hieß, und die Tatsache, dass sie bis nach Saarbrücken
reichte, lässt ihre Bezeichnung unangemessen erscheinen. Doch diese
Einteilung und Namensgebung hatte ohnehin keinen Bestand. Denn 1822
wurden beide Oberpräsidialbezirke zu einer gemeinsamen Provinz vereinigt,
für die sich ab 1830 der Name ,Rheinprovinz' einbürgerte. Verwaltungszentrum
der neuen Provinz und damit Sitz des Oberpräsidenten wurde Koblenz.
Die Rheinprovinz wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg endgültig aufgelöst
und ging in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz
auf.
Neben den umfangreichen Gebietsgewinnen musste Preußen 1815 allerdings
auch eine territoriale Einbuße am Niederrhein hinnehmen. Laut Beschluss
des Wiener Kongresses fielen die westlich der Maas gelegenen Teile
des ehemaligen , Herzogtums Geldern preußischen Anteils' sowie ein
schmaler Streifen östlich der Maas (im Abstand der , Kanonenschusslinie')
an das neugegründete Königreich der Niederlande (vgl. Seite , Geldern
nach 1815'). Außerdem verlor Preußen die ehemaligen klevischen
Exklaven sowie kleinere Grenzgebiete nördlich und westlich von Elten
an die Niederlande (vgl. Seite , Grenzveränderungen
bei Elten und Zyfflich 1816 und 1949-1963').
Quelle:
Hantsche Atlas zur Geschichte des Niederrheins, Essen 2004
Literatur:
Literatur:
HEINZ-K. JUNK, Das Großherzogtum Berg. Zur Territorialgeschichte des
Rheinlandes und Westfalens in napoleonischer Zeit, in: Westfälische
Forschungen, Bd. 33, 1983, S. 29-83; GREGOR HÖVELMANN, Die Preußische
Verwaltungsorganisation am linken Niederrhein bis zum Ende des Regierungsbezirks
Kleve, in: Meinhard Pohl (Hg.), Raumordnung am Niederrhein. Kreisreformen
seit 1816, Wesel 1975, S. 15-22; MEINHARD POHL, Heimatbewußtsein und
politische Raumordnung am unteren Niederrhein 1753-1975, in: Dieter
Geuenich (Hg.), Der Kulturraum Niederrhein, Bd. 2: Im 19. und 20.
Jahrhundert, Bottrop und Essen 1997, S. 69-86.