Genealogische Zusammenstellung der Familie Steger vom linken Niederrhein

Namensherkunft und Bedeutung

Erklärungsversuch zur Entstehung des Nachnamens Stÿger / Stieger / Steeger / Steger für die Familienlinie vom linken Niederrhein

Aus den vorliegenden Familiendokumenten ergeben sich im Zeitraum 1714 bis heute folgende Namensvariationen unseres Familienstammes:

Stÿger (um 1700) / Steeger (ab 1755) / Stieger (ab 1782) / Steger (ab 1781).

Die letzten drei Schreibweisen haben sich, je nach Familienzweig, bis auf den heutigen Tag erhalten.

Zunächst muß man feststellen, dass die absolute Verbreitung des Nachnamens Steger in der Bundesrepublik überdurchschnittlich hoch ist (2651 Telefonanschlüsse in 313 verschiedenen Landkreisen der Bundesrepublik). Seine Hauptverbreitungsgebiet liegt im Bundesland Bayern, mit einem Nebenschwerpunkt linker Niederrhein, Kreis Viersen, also der Gegend in der sich die frühesten Vorfahren unserer Namenslinie belegen lassen. Die Verbreitungshäufigkeit der Namensvariante Steger ist wahrscheinlich Ausdruck ihrer Parallelentstehung an verschiedenen Orten.

Anders sieht es da schon mit den auch für unseren Familienzweig belegten Namensvarianten Steeger und Stieger aus, hier findet sich klar ein Schwerpunkt im jetzigen Kreisgebiet Viersen, in dem auch das ehemalige Krickenbecker Land lag.

Eine Parallelentstehung des Namens Steger vorausgesetzt, liegt bei unseren Vorfahren vom linken Niederrhein (Land Krickenbeck) ein Entstehungszusammenhang mit dem Begriff stijgen oder dem Begriff Steg nahe.

Stijgen steht noch heute im Niederländischen für steigen, ansteigen. Die Sprache im Landstrich unserer belegten Vorfahren war bis 1815 Niederländisch und davor Rheinmaasländisch. Die ersten belegten Vorfahren finden sich in den Kirchenbüchern mit dem Namen Stÿger hinterlegt. Das ÿ ist ein Ersatz für die Buchstabenkombination ij. Demnach könnten die Bedeutungen von Steger lauten:

  1. "der am Anstieg / bei der Steigung wohnt" oder
  2. "der auf dem Hof unter / bei den Anstiegen wohnt"  oder
    "der vom Hof unter / bei den Anstiegen kommt" oder sich daraus entwickelnd
  3. "der auf dem Stegerhof wohnt" oder
    "der vom Stegerhof kommt"

Auch der Begriff Steg läßt sich ähnlich mit unserem Namen verbinden, da

- das Land an Nette und Niers häufig von Bruchlandschaften dursetzt war und dies Stege in großer Zahl notwendig machte und
- die Wohnorte mit Namen Steg geografisch zu weit von der Krickenbecker Landschaft entfernt liegen um einen Zusammenhang zu unseren direkten Vorfahren wahrscheinlich zu machen, es sich somit also wahrscheinlich nicht um einen Herkunftsnamen handelt.

Der Begriff Steg (v. althochdt.: steg) bezeichnet:
1. eine kleine Brücke, meist nur für Fußgänger,

wie den Namen einiger Orte:
2. einen Teilort von Triesenberg in Liechtenstein, siehe Triesenberg
3. eine Gemeinde im Schweizer Kanton Wallis, siehe Steg VS
4. ein Ortsteil der Schweizer Gemeinde Fischenthal, siehe Fischenthal

Der Begriff Steeg bezeichnet:
- den Ort Steeg (Tirol)
- einen Ort bei Engelskirchen in NRW in Deutschland, siehe Steeg (Engelskirchen)

Aus diesen Überlegungen ergeben sich folgende Namensentstehungs- und -bedeutungsvarianten für die Namensvarianten Stÿger / Steeger / Stieger / Steger unseres Famileinzweiges, die sich durchaus auch chronologisch so vollzogen haben könnten:

  1. "der am Steg wohnt" oder
  2. "der auf dem Hof unter / bei den Stegen wohnt"  oder
    "der vom Hof unter / bei den Stegen kommt" oder
  3. "der auf dem Stegerhof wohnt" oder
    "der vom Stegerhof kommt"

Die Stieger- und Steger-Höfe des Niederrheins liegen meist an einem Wasser oder vor einer Anhöhe. Auch Übergänge über die Landwehren heißen Stege, z. B. der Dahlener Steg und der Hardter Steg an der dortigen Landwehr (Düsseldorf, St. A. Karten IV, 265).

Damit handelt es sich also bei allen Bedeutungs- und Entstehungsvarianten bei unseren Nachnamensvarianten um sogenannte Wohnstättenamen.

Ein Wohnstättenamen gibt die Herkunft einer Person wieder, allerdings nicht aufgrund von Zuzug aus der Fremde, sondern nach der Herkunft innerhalb einer Siedlung. Besonders markante Punkte in der Nähe der Behausung oder Charakteristisches der Behausung selbst konnten als Ansatzpunkt für einen Beinamen dienen.

Wohnte jemand am Anger, konnte sich daraus der Familienname "Anger" oder "Angermann" entwickeln; jemand, der am Baum wohnte, konnte "Baum" gerufen werden; der von der Wiese kam, konnte "Wies(e)" oder "Wies(e)mann" genannt werden.

Die Entstehung der Hofbezeichnung Stegerhof, ist, zumindest im Falle des Hofes der im Hinsbecker Ortsteil Oirlich gelegen ist, recht eindeutig auf die Lage des Hofes, unterhalb von / bei Stegen zurückzuführen, denn in einer der ältesten Erwähnungen dieses Hofes ist 1473 noch die Rede vom Hoff ynger Stegen und noch nicht vom Stegerhof. Erst später hat sich hieraus die Bezeichnung Stegerhof oder -höfe gebildet, wie wir sie z.B. auf einer Karte von 1646 vorfinden (siehe weiter unten).

Folgend die Nennung aller mir vorliegenden Erwähnungen von Krickenbecker Besitztumsverhältnissen vor dem Jahre 1714, die nach vorhergehender Theorie mit dem Namen Steger im Zusammenhang gebracht werden könnten oder müssen:

1326 Grefrath Scaphuserstege
1326 ist Henric van Wyenhorst belehnt mit een goet, legt voor Scaphuserstege, dat heyt Natboomsgoet
Dieser Hof lag, laut Janssen, möglicherweise in Grefrath, wo eine Schaphauser Stege im Verzeichnis der Kirchenrenten von 1575 bezeugt ist; dort ist die Rede von einem Morgen Land liggende vur den Dair, ... dar die schaphauser Stiegh kert
RA. Maastricht, Kasteel Baarlo nr. 131
Quelle: Grefrath/Janssen Seite 123

1343 Grefrath Item a Theoderico ter Stegen de terra nemoris Vleler pro dimidietate ducis
Rechnung des Theodericus de Leuth über die herzoglichen Einnahmen im Oberquartier und im Quartier Nymwegen vom 13. Juli 1343 bis zum 13 Juli 1344
RA. Arnheim, HA Nr 208.
Quelle: Grefrath/Janssen Seite 160
(Zu vergleichen ist L.S. Meizhuizen, Rekening 1294/95 S.26-35.)

1369 Grefrath Item Gerrit op ter Stegen 8 lib(ras)
Grefrather Schatzrechnung von 1369
RA. Arnheim, HA Nr 705 Bl. 12 f.
Quelle: Grefrath/Janssen Seite 123

1398/99 Grefrath van de hove ter Stegen te wynnen 6 d.
RA. Arnheim, HA. ROK. 1398/99

1432 Lobberich hoff ynger Stegen (wurde zu Stegerhof)
Dieser noch heute "Stegerhof" genannte, zu Vierhöfen gelegene Hof wird in den Urkunden des "Hauses Bocholtz" i.J. 1432 als bereits im Besitze der Familie von Bocholtz befindlich, zuerst genannt. In der Teilung der Kinder der Eheleute: Johann von Bocholtz zu Burg Bocholtz und Katharina von Brede, am 21. Jul 1432, erhält deren Tochter Katharina von Bocholtz, die später mit Johann von Reyde (Johann von Beisel genannt Reyde) verheiratet war, außer dem "hoff toe broeckel" auch den "hoff ynger Stegen", beide im Kirchspiel Loberich gelegen.

1455 / 1457 Lobberich an der stegen (wurde zu Stegerhof)
Im Jahre 1455 und 1457, in beiden Jahren am 12. Mai, übertragen die Eheleute Godart von Bocholtz zu Ingenhoven und Johanna von Goor ihrem Sohne Peter (dem Gründer der Bocholtzer Linie zu Haus Brock, Brockerhof, Lobberich) unter anderem nach ihrem Tode, das Gut der Margaretha von Bocholtz, Schwester des Godart, worin außer "den hoff ten oeueren boickholt," auch noch extra das Land, gelegen "an der stegen", mit einbegriffen war.

1575 Grefrath Schaphauser Stege
Im Verzeichnis der Kirchenrenten von 1575 bezeugt; dort ist die Rede von einem Morgen Land liggende vur den Dair, ... dar die schaphauser Stiegh kert (RA. Maastricht, Kasteel Baarlo nr. 131) Dieser Besitz ist später in den gedrischen Lehnsbüchern nicht mehr nachzuweisen.

1595 Grefrath Steger Neßken 13 morgen, och den bant g. 265
Verzeichnis der Grefrather Beerbten (Besitzer von Gund und Boden) von 1595 KrAK.
Grefrath Amtsbücher 1 Bl. 101v - 112r
Quelle: Grefrath/Janssen Seite 149
Angelegt wurde dieses Verzeichnis aus Anlaß einer Umlegung der Gemeindeschulden auf die Grefrather Beerbten, weshalb hinter Namen und Morgenzahl noch die angegeben ist, mit der der Besitz damals belastet wurde.*1
Item dit sint die orgental, dar ons kerßpel Greveradt hure rotpennongen*2 opgelacht hefft anno 1595
[Honschaft Vorst. Section A] Slibecker hontschap
*1 Grefrath/Janssen Seite 26 Anmerkung 21
*2 Grefrath/Janssen Seite 135 Anmerkung 2

1612 Lobberich ahn der Stegen (wurde zu Stegerhof)
In der Eheberedung zwischen Arnold von Bocholtz-Ingenhoven, Kapitän, und Maria von Spee, am 23. Juni 1612 wurde vereinbart, daß Arnold unter anderem auch noch ahn der stegen twee malder roggen min (weniger) eenen sester (jährlicher Rente) mit in die Ehe bringen soll.
=> Also war der Stegerhof (zur Zeit Besitzer von der Beeck) schon damals seitens der Familie von Bocholtz in Erbpacht gegeben und später freies Eigentum geworden.

1646 Lobberich Steger Hoef (wurde zu Stegerhof)
Auf dem Abriss des Kirchspiel Lobberich vom 10. Januar 1646 finden wir den ältesten vorliegenden Karteneintrag eines Steeger Hofes. Dieser ist nachweislich identisch mit dem Hof / den Höfen der Nennungen aus den Jahren 1432/-55/-57 und 1612. Dieser Hof ist Oirlich gelegen, gehörend zum Kirchspiel Lobberich und existiert heute noch unter dieser Bezeichnung:

Stegerhof  1646 



Quellen:
Geschichte der ehemaligen Herrlichkeit Lobberich http://www.lobberich.de/lobberich/geschichte(n)/herrlichkeit-lobberich/16-.htm
Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Steg
Onomastik, Namen und mehr http://www.onomastik.com/familiennamen.php

Grefrath, Geschichte einer geldrischen Gemeinde bis 1650 / Wilhelm Janssen, Kempen/Niederrhein 1968
Schriftenreihe des Landkreises Kempen Krefeld 19
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