Niersordnung 1768 Dezember 20
Von Gottes Gnaden Maximilian Friderich Erzbischof zu Cölln, des
heiligen Rom. Reichs durch Italien Ertzcantzler / und Churfürst
/ Legatus Natus des heiligen Apostolischen Stuhls zu Rom / Bischof
zu Münster / in Westphalen / und zu Engeren Hertzog / Burggraf zu
Stromberg / Graf zu Königseeg — Rottenfels / Herr zu Odenkirchen
/ Borckelohe / Werth / Äulendorf / und Stauffen etcetera. Nachdeme
Uns jene Unordnungen unterthänigst vorgetragen worden, welche von
geraumen Jahren her auf dem Neerß- oder Neerß-Strom theils mit unnöthiger
Aufhaltung und Aufstauung des Wassers, theils in versäumter Reinigung
des Flusses, theils mit ordnungswidrigen Anpflanzungen und sonsten
zum beträchtlichen Schaden Unserer und anderer benachbarten, nächst
der Neerß liegender Ländereyen, Wiesen oder Benden öfters geflissentlich
veranlasset worden.
Und dann zu deren beständigen Abhelfung mit Ihrer Königl. Majestät
in Preussen und Churfürsten zu Pfalz Lbdn. Wir Uns wegen Dero anschiessenden
Gelderisch-Clevisch- und Jülischen Landen dahin vereinbaret haben,
daß sämtliche Mißbräuche gemeinschaftlich untersuchet, abgestellet
und daß eine gemeinsame Ordnung errichtet werden solle, nach welcher
der Neerß-Fluß führohin von dem sogenannten Peel-Loch ohnfern Clorath
Chur-Cöllnischen und ohnsern Jülischen Gebiets, bis wo die Neerß
in die Maaß ausfliesset, nämlich unterhalb Gennep im Clevischen,
behandlet werden solle. Dieses Geschäft auch von Unseren und übrigen
darzu benannten Commissarien zu einem gedeihlichen End gebracht,
mithin Uns über den ganzen Verhalt und sämtliche Umstände unterthänigst
referirt worden.
Als verordnen und befehlen gnädigst, lassen Uns auch respective
gefallen
Erstens: Daß die Neerß führohin von nungemeldtem Peelloch bis an
die Mühle zu Wachtendonck auf 24 Rheinische Fuß, jeden zu 12 Zoll
gerechnet, von da bis an die Schravelsche Mühle auf 36 dergleichen
Fuß, und von nungemeldter Schravelscher Mühle bis zu dem Einfluß
in die Maaß 48 Fuß breit, sodann aller Orten so tief gehalten werden
solle, daß bey niedrigem Wasser wenigstens anderthalb Fuß Wassers
vorräthig seye.
Wäre aber diese Breite an einigen Orten nicht anzutreffen, solle
solche dem Fluß inner drey Monaten Zeit, längstens à dato Publicationis
dieses, verschaffet werden; wo derselbe breiter ist, verbleibet
dahingegen dessen natürlicher Lauf, welcher nicht verenget werden
darf.
Nach der Breite des Flusses müssen die Oefnungen deren Mühlen-Archen,
und die Zwanggraben in gemeldter Frist eingerichtet, annebenst sämtliche
über den Strom würklich liegende und künftige Brücken nach solcher,
jedoch mit der Vorsicht gelegt werden, daß der Fluß, wo die Brücken
hinkommen, 4 Fuß breiter zu halten, um den Raum zu ersetzen, welchen
die Brückenpfähle dem Strom benehmen.
Zweytens: für alle auf der Neerß liegende Mühlen wird ohne Unterscheid
das Peegel-Recht eingeführet, dergestalten, daß ein jeder Müller
mit peegelmäßigem Wasser sich führohin begnügen und darüber keines
aufhalten solle, nach dem Peegel müssen die Schleußen und Schützbretter
in denen Archen und Frey-Schleußen eingerichtet, und derjenige Müller
solle jedesmal mit 6 Goldgulden, und nach Befund des Schadens noch
schärfer bestrafet werden, welcher gegen den Peegel sich verfehltet.
Der Peegel wird aber nicht nur für das Ober- sondern auch für das
Unter-Wasser deren Mühlen bestellet; solcher solle von Unsern Wasser-Bau-Verständigen
an bequamen Orten eingeschlagen, darüber ein förmliches Protocoll
geführet und dieses in denen behörenden Registraturen zur steter
Richtschnur bewahret werden.
Drittens: Um den Oberpeegel richtig zu stellen und einer jeden
Mühlen und Proportion ihrer Räder ein gleiches Gefalle zu verschaffen,
haben Wir gnädigst genehmet, daß das Gefalle aller auf der Neerß
liegenden Mühlen von Süchtelen bis Gennep von allerseitigen Wasser-Bau-Verständigen
aufgenommen worden; da nun diese befunden haben, daß das Total-Gefälle
auf dem Neerß-Strom in 33 Fuß 7½ Zoll bestehe, als werden einer
jeden Mühle, die mit zwey nebeneinander stehenden Gelaufen versehen
ist, einsweilen und bis dahin, mit Ihrer Königl. Majestät in Preussen
und Churfürsten zu Pfalz Lbdn, Wir ein anderes verordnen, 21¼ Rheinischen
Zoll für Gefalle, denen aber, die nur aus einem Gelaufe bestehen,
16 Zoll zugetheilet und das übrige Wasser dem Ablauf des Flusses
überlassen.
Die Müllere seynd bey Vermeydung vorgemeldter Straf nicht befüget,
sich mehreres Wasser einiger maßen zuzulegen; fölglichen mögen dieselbe
die Schutz-Brettere mit Aufsätzen nicht verhöhen und dergleichen
etc. etc. Nur wird dem zu Gennep für den Fall, daß die Maaß steige
und das Mahlen behindere, erlaubet, das Wasser über den ordentlichen
Peegel bis zu 3 Fuß, mithin 1 Fuß 2¾ Zoll höher, aufzustauen; und
solle ihme diesertwegen ein besonderer Peegel gesetzet werden. Damit
nun
Viertens: das Wasser bey der ohnfern Suchtelen liegender Cameral-Mühle peegelmäßig eingerichtet und die anschiessende Unsere Chur-Cöllnisch- und Gelderische Ländereyen und Senden von denen Überschwemmungen führohin so viel gewisser befreyet werden, so genehmen Wir die von Unsern und denen übrigen Commissarien getroffene Vereinbarung dahin gnädigst:
A. Daß der ohnfern dem Peel-Loch zur Bestimmung deren bey dem Neers-Fluß bis dahin streitig gewesenen Chur-Cöllnischen und Jülischen Gränzen verglichene neue Graben auf Kosten deren anschiessenden Chur-Cöllnisch-Gelderisch- und Jülischen Unterthanen auf 12 Fuß in die Breite und so tief, als das Neerß-Bett angelegt, daß in solchen eine Schleuße von dreyen gleichen Oefnungen auf gemeinsame Kosten gesetzet, daß die Brettere deren Schleußen nach vorbestimmten Peegel abgeschnitten und daß dem Jülischen Cameral-Müllern zu Süchtelen bey jedesmaliger Straf von 6 Goldgülden verbotten seyn solle, auf die Schleußen andere Bretter zu setzen.
B. Daß eine jede gemeldter dreyen Oefnungen mit einem besondern Schloß zu verwahren, daß ab der einen dem Vorsteher Unserer Honnschaft Hagen, ab der ändern dem ältesten Bürgermeistern zu Vierschen und ab der dritten dem ältesten Scheffen zu Süchtelen ein Schlüssel mit der Weisung zuzustellen, daß ein jeder bey vorhandener Wassers Noth die ihme anvertrauete Schleuße ohne Zeitverlust gratis eröfnen, und hinwieder verschliessen solle. Würde aber
C. einer deren Schlüssel-Verwahreren seine Schuldigkeit in Oefnung der Schleußen vernachläßigen und solcher bey anlaufendem Wasser längstens in einer Stunde Zeit entweder selbst oder durch anderen nicht nachgekommen seyn oder aber die Schleußen ohne Noth eröfnen, so solle derselbe jedesmal in 6 Goldgülden Bruchten und zum Ersatz des denen Benachbarten andurch zugehenden Schadens fällig ertheilet und dafür von der behörenden Obrigkeit executive angesehen werden. Sollte es auch
D. wegen zunehmender Wassernoth und Ermangelung deren Schlüsseln nothwendig werden, eine deren Schleußen mit Gewalt zu eröfnen oder zu zerschlagen, so solle die Herstellung auf Kosten des ausgebliebenen Schlüssels-Verwahreren geschehen. Ein jeder derenselben ist annebens unter mehrgemeldter Strafe verbunden, die Schleußen zu schliessen, sobald das Wasser zum Fallen sich neiget und längstens, wann solches dem Peegel gemäß stehet. Endlich
E. solle gemeldter neue Graben von Unseren und denen Jülischen Unterthanen führohin rein gehalten werden, zum Unterhalt deren Schleußen aber die zu Vierschen % Theil mit beytragen. Wann diesemnach zu erwehnten Schleußen etwas zu verwenden nothwendig, solle solches denen benachbarten Schlüssels-Verwahreren und von diesen der Behörde zur gemeinsamen Einverstandnus sofort angezeigt werden.
Fünftens: Verordnen Wir gnädigst, daß das Peegel-Recht auf sämtlichen Neerß-Mühlen ohne Unterscheid jeden Jahrs den Iten Aprilis anfangen und bis den Iten Novembris fürdauren solle. In denen übrigen Monaten wird dahingegen denen Mülleren erlaubet, das Wasser 6 Daumen oder Zoll höher über den Peegel anzuhalten und zu gebrauchen.
Sechstens: Wegen Reinigung und Räumung des Neerß-Stroms von Kraut und sonstigen Unrath solle folgende Ordnung gehalten werden:
A. Alle auf dem Neerß-Fluß gestehende Müllere sollen vom Iten Aprilis bis den letzten Octobris jeden Samstags Abends wenigstens vor Mitternacht alle Schütz- und Schleußen-Brettere ziehen, das Wasser bis Sonntags Nachmittags 4 Uhren laufen lassen und erwehnte Brettere nicht ehender einsetzen. Nebst deme
B. solle die Neerß in Unseren und denen anschiessenden Landen jedes
Jahr dreymal nach der ganzen Breite des Stroms geschnitten werden.
Zur ersten Schneidung werden die vier letzte Tag Aprilis bestimmet,
die andere solle aber den Iten Julii und die dritte den letzten
August angefangen werden. In diesen dreyen Tagen sollen
C. die Scheffen oder wer sonsten darzu berechtiget den Strom unentgeltlich visitiren und die Orten anweisen, wo die Vertiefungen und Ausräumungen nöthig oder nützlich vorzunehmen.
D. Den dritten Tag jeder Schneid- oder Räumung, und zwarn Abends 7 Uhr, sollen alle auf der Neers liegende Mühlen aufgezogen, derenselben Wasser dreymal 24 Stunden nacheinander abgelassen, sodann jede Mühlen nicht ehender als den dritten Tag darnach Abends 7 Uhr wieder geschlossen werden.
E. Damit die Ziehung deren Mühlen so viel gewisser beobachtet und die Schleußen-Brettere bey Nacht und Unzeiten nicht wieder eingelassen werden, sollen jeden Orts Scheffen oder wer sonsten darzu berechtiget, eine Wacht bey jeder Mühle anordnen, welcher die Müllere nur das Obdach, Feur und Licht zu geben schuldig seynd.
F. Müssen gemeldte Scheffen oder deme es sonsten oblieget besorgen, daß Sonntags vor der Ziehung in allen an der Neerß liegenden Pfarrkirchen verkündet werde, daß auf vorbestimmte Tage mit gemeinsamer Schneid- und Räumung der Neerß solle angefangen werden, auf daß niemand um der Unwissenheit sich entschuldige, und damit ein jeder wegen Stillstand deren Mühlen sich in Zeiten vorsehe.
Siebentens: Bey der Reinigung, Raum- und Fegung der Neerß selbsten ist folgendes zu beobachten:
A. Die Reinigung geschehet nach der ganzen Breite des Flusses von unten herauf von denen, welche nach jeden Orts Gewohnheit darzu verbunden seynd, besonders muß bey dieser Gelegenheit das an denen Ufern auswachsende Schilf und Rohr mit denen Wurzeln, so viel möglich, ausgerissen, und es dörfen keine Pfahle bey 3 Godgulden Straf in das Bett der Neerß zur Aufhaltung des Schilfs und Krauts geschlagen, sondern, wo deren seynd, müssen solche so viel mehr ausgeworfen werden.
B. Zur Raum- oder Fegung müssen dahingegen alle an die Neerß anschiessende Beerbte, imgleichen diejenige, welche mit denen Ueberschwemmungen betroffen werden, bis dahin Wir ein anderes verordnen, pro rata in denen Kosten beytragen. Die Räumung muß annebens
C. in denen bestimmten Tagen mit denen Benachbarten gemeinschaftlich vorgenommen, und bey solcher müssen alle Untiefe, Grind-Sand-Banke, Hosten und Insulen, wo deren sich angesetzt haben, aus dem Strom geraumet, und der Sand, Mott oder Moder muß wenigstens 5 rheinlandische Ruthen von dem Ufer hinweggeschaffet werden; gleichwohlen gehöret der Mott, Leusch und dergleichen denenjenigen, welche die Räumung selbst verrichten; wo aber die Arbeit von denen Beamten verdungen wird, mögen diese zum gemeinen Besten disponiren.
D. Bey der allgemeinen Räumung und Fegung seynd die Müllere verbunden, all dergleichen Unrath, welcher unter denen Mühlen-Räderen und in einer Länge von 30 rheinischen Ruthen, jede von 12 Fuß, und von dem untersten Rade anzurechnen, sich angesetzet haben, auf ihre eigene Kosten hinwegzuschaffen; wären aber die Müllere an einigen Orten zu einem mehreren verbunden oder aber musten andere die Müllere vertreten, so hat es dabey sein Bewenden.
E. Denen Einbrüchen muß mit ordnungsmäßigen Battungen vorgenommen werden; wo aber Erweiterungen nothwendig seynd, da müssen solche am anwachsenden Ufer geschehen, darnach die Krümmen beurtheilet, die anwachsende Uferen gegen die abbrechende ganz tief geschnitten, anbey müssen die abbrechende Uferen mit denen Erweiterungen ganz verschonet werden. Seynd dahingegen beyde Uferen einander gleich, ist auch auf beyden Seiten weder anwachsend — weder abbrechendes Ufer, so solle die nöthige Erweiterung von beyden Seiten und in gleicher Maaß geschehen.
F. Die Reinig- und Räumung der Neerß sollen anschiessende Beerbte untadelhaft verrichten oder gewartigen, daß die Mangele auf ihre Kosten verbesseret; und wann sie zum andernmahl saumig befunden werden, daß sie noch besonders bestrafet werden; wegen Unseren anschießenden Domanial-Stücken werden Wir aber zu gleicher Zeit das Nöthige von Unseren Kellneren beobachten lassen.
Achtens: Ebenso solle es mit sämtlichen Zwang- und Neben-Graben, welche noch würklich seynd, und vorhin gewesen, gehalten werden; solche müssen nemlich zu gleicher Zeit nach vorbeschriebener Ordnung gereiniget, offen belassen und gleich dem Grundbett der Neerß auf gemeinsame Kosten deren Anschiessenden ausgetiefet, darbenebens sollen solche in einem besondern Protocoll beschrieben werden und die Benachbarte hierunter einander die Nachrichten communiciren.
Neuntens: Auf denen Uferen und sogenannten Dycken oder Dämmen sollen
hinführe weder aufgehende Bäume, weder Strauchholz in der Breite
von 12 rheinischen Fuß vom Ufer anzurechnen, gelitten werden, außer
wo die Nothwehr einige Battungen erforderet.
Die auf dem Ufer der Neerß oder auf denen Dycken deren Nebengräben
würcklich erfindliche Bäume und Strauchholz sollen solchemnach in
gemeldter Breite inner 3 Monaten Zeit a die publicationis dieses,
bey Vermeydung einer Straf von einem Goldgulden für jeden Baum und
Strauch, weggeschaffet, auch fuhrohin deren keine in der Nähe von
12 Rheinischen Fuß angepflanzet werden; zu so viel mehrerer Festhaltung
dieseixlie Reinigung und Ausräumung der Neerß betreffenden Puncten
sollen
Zehntens: jeden Orts Beamte oder denen es sonsten zukommet in denen nächsten 8 Tagen nach vollendeter Reinigung oder Räumung die gewöhnliche Schau halten oder den Augenschein einnehmen und untersuchen, ob alles nach vorbeschriebener Ordnung vollführet seye; sodan jeden Jahrs mit allerseitigen Beamten eines Tags sich vereinbaren, um mit Zuziehung deren Gerichtspersonen den ganzen Strom, so weit die Landesgränzen sich erstrecken, in Augenschein zu nehmen; bey dieser Gelegenheit sollen die Mangele untersuchet, nach Befinden bestrafet und verbesseret sodann ab jeder Verrichtung die abzuhaltende Protocolla dahiesiger Unserer Regierung inner 8 Tagen Zeit eingesendet werden.
Eilftens: Sobald unvermuthete Ergiessungen des Stroms von Platzregen
oder sonsten sich ergeben, sollen die Müllere ohnverzuglich alle
Schleußen ziehen und diese so lang offen lassen, bis dieselbe peegelmäßiges
Wasser erhalten, bey jedesmaliger Straf von 6 Goldgulden, und des,
denen anschiessenden Beerbten andurch zugehenden Schadens; um diesen
abzuwenden und zu untersuchen, woher die Überschwemmungen entstehen,
wird jeden Orts Scheffen oder welche sonst dazu berechtiget seynd
erlaubet, nicht nur um die Zeit, da alle Schleußen-Brettere offen
stehen müssen, sondern, so oft es ihnen nothwendig zu seyn geduncket,
bey dem in ihrem Bezirck wohnenden, auch bey dessen Oben- und Unter-Mülleren,
jedoch ohne deren Belastung, zu visitiren, ob das Wasser über den
Peegel aufgehalten werde. Würde dieses befunden, so ist dem visitirenden
Scheffen erlaubt, dem in diesem Bezirck wohnenden Mülleren die Schütz-
und Schleußen-Brettere offenzuziehen, derselbe solle aber keine
Pfändungen eigenmächtig vornehmen, sondern die befundene Ungebühr
der Amts-Obrigkeit und in denen benachbarten Gebieten dem nächst
wohnenden Scheffen oder Vorsteheren zur geschwinden Abhülf anzeigen
und, daß dieses geschehen, seiner Obrigkeit ebenermaßen zur Beobachtung
des Nöthigen hinterbringen.
Dahingegen ist eines jeden Beamten Schuldigkeit zu besorgen, damit
der strafbar befundene Müller dem visitirenden Scheffen die Visitations-Gebühr
entrichte; und Beamte mögen führohin dergleichen Visitationes nicht
nur bey andringenden Begebenheiten, sondern, so oft und wann sie
wollen, jedoch ohne Belastung deren Mülleren, entweder selbst vornehmen
oder diesertwegen jemand schriftlich committiren.
Zwölftens: Genehmen Wir zu Bevorkommung und Abwendung ferneren
Schadens die von allerseitigen Commissarien getroffene Vereinbarung,
daß bey Unserer Cameral-Mühle zu Oedt eine Freyschleuße von drey
Oefnungen auf gemeinsame Kosten Unserer und deren Jülischen Unterthanen
bey der Mühle zu Mühlhausen ohnfern dem sogenannten Spartel-Bend,
eine andere von eben so vieler Oefnung auf Kosten Unserer, deren
Gelderisch- und Jülischen Unterthanen, bey der Langendoncker-Mühle
noch eine dergleichen auf Kosten Unserer und deren Gelderischen
Unterthanen, bey der Neersdommer-Mühle dahingegen ein Zusatz von
5 Fuß 4¼ Zoll auf Unsere Kosten nach der von allerseitigen Wasser-Bau-Verständigen
beschehenen Anweisung angeschaffet werden sollen. Mit denen Schlüsseln
wird aber folgende Ordnung gehalten:
Von der Schleußen zu Oedt sollen der zeitliche Scheffen Kirspels
Oedt Chur-Cöllnischen, sodann der älteste Scheffen oder Vorsteher
der Honnschaft Vorst und der Vorsteher oder Scheffen des Fleckens
Süchtelen Jülischen Gebiets, von der Schleußen bey Mühlhausen ohnfern
dem Spartel-Bend der zeitliche Scheffen des Kirspels Oedt Chur-Cöllnischen,
der älteste Scheffen oder Vorsteher zu Greffrath Gelderischen, sodann
der zeitliche Scheffen oder Vorsteher im Hagenbroich Jülischen Gebiets,
von der Schleußen bey der Mühle zu Langendonck aber die Scheffen
deren Kirspelen Oedt und Greffrath, endlich von denen Schleußen
zu Neersdomm die nämliche Scheffen von Oedt und Greffrath die Schlüsseln
verwahren. Wegen Unterhaltung deren Schleußen wird es aber nach
der oben §pho 4 bestimmten Ordnung gehalten.
Dreyzehntens: Würde in künftigen Zeiten nothwendig seyn, bey denen Mühlen und zugehörenden Schleußen neue Archen und Flußböden anzulegen, so sollen diese dem Grundbett des Neerß-Fluß ganz gleich geleget werden; diesem Actui sollen jeden Orts Beamte mit dem Gericht, worunter die Mühlen liegen, beywohnen, zu solchem die benachbarte Beamte und Gerichtspersonen, imgleichen den Ober- und UnterMüller veranlassen und denen mehrest Beerbten freystellen, ob sie, wiewohl ohne Belästigung des Müllers, dabey mit erscheinen wollen; das Gericht hat dabey zu besorgen, daß die neue Arche der Ordnung gemäß angelegt werde; würden aber hernächst bey derselben Unterschleife entdecket, so solle der Eigenthümer der Mühlen und respective der Müller in 100 Goldgulden Brüchten verfallen seyn, und die beschehene Vervortheilung auf Kosten deren bey dem Actu erschienenen Gerichtspersonen herstellet werden.
Vierzehntens: Als viel die Fischerey in der Neerß angehet, lassen Wir Uns, in so weit solche Unsere, die Jülisch- und Gelderische Gebieten scheidet und gemeinsam ist, folgende Ordnung gnädigst gefallen:
A. Daß führohin nur 2 Tag in der Wochen, und zwarn Mittwochs und Freytags oder, wann auf diese ein Feyrtag einfallet, auf den unmittelbar vorhergenden zu fischen erlaubt seyn solle.
B. Alle übrige Tage der Wochen, imgleichen des Nachts ohne Unterscheid und den ganzen Monat May ist das Fischen bey jedesmaliger Straf von 6 Goldgülden oder im Fall der Unvermögenheit so vieler Wochen Arbeit des Stockhauses verbotten.
C. Des Fischens soll sich keiner unterziehen, er seye ein würcklicher Beerbter. Für Beerbte werden aber nur diejenigen gehalten, welche 250 Rthlr an liegenden Gründen besitzen; alle übrige, deren Vermögen so weit sich nicht erstrecket, seynd zum Fischen nicht berechtiget, der Fischersgereitschaft in Ertappungsfall verlustiget und das erstemal in 3 Goldgülden oder so vieler Wochen Stockhauses Arbeit, das anderemal in eine doppelte Straf und so ferner verfallen.
D. Die sogenannte Flügel- und Setzhaamen, Fucken und Körbe, das Pöltzen und Ausschneidung deren Ufern, um Krebse zu fangen, ist unter nämlicher Strafe verbotten.
E. Die Fischgarn deren Berechtigten sollen so eingerichtet seyn, daß ein viertelpfündiger Fisch durch die Moschelen streichen könne.
F. Denen Scheffen, Vorsteheren und sonstiger Behörde ist verstattet,
die betrettende Frevelere in das benachbarte Gebiet, ohne Nachtheil
der Landeshoheit, zu verfolgen und zu arrestiren, mit der Bescheidenheit
gleichwohlen, daß die beschehene Arrestirung dem benachbarten Beamten
und respective Kellnern sofort notificiret werde, welcher den Arrestatum
sogleich ohne Zahlung deren Atzungs-Kösten verabfolgen lassen solle,
wann diese von dem Arrestato nicht können erlegt
werden.
Gleichwohlen halten Wir Uns bevor, wegen gemeinsamer Verwaltung
der Fischerey mit Ihrer Königl. Majestät in Preussen und Chur-Pfalz
Lbdn zum gemeinen Besten Uns näher zu vereinbaren.
Da nun Ihre Königl. Majestät in Preussen und Chur-Pfalz Lbdn für
Dero an die Neerß gränzende Gebieten eine dieser in allen Puncten
gleichförmige Verordnung verkünden lassen, und mit Denenselben Wir
Uns gemeinsam verbunden haben, daß zu besserer und mehr zuverläßigen
dessen Beobachtung von allen Dicasterien deren in diesem Punct vereinigten
Landen die schärfeste Nachsicht genommen werden solle, ob Beamte,
Scheffen, Vorstehere und diejenige, welchen sonst die Obsicht über
den Neerß-Fluß und dessen Behandlung zukommet, sich solcher gemäß
betragen, und daß bey befindender Versaumnus ein jeder, ohne Nachsicht,
mit 25 Goldgülden Brüchten bestrafet werden solle.
Als verordnen und befehlen gnädigst, daß ihr allen obigen Puncten
genauest nachkommet und deren gehorsamste Befolgung euch Pflichtschuldigst
angelegen seyn lasset, solchen Endes denen Scheffen und Vorsteheren
des Amts Oedt, wie auch Unseren Cameral-Mülleren eines deren beykommenden
Exemplarien zustellen, die übrige zur Amts- und Gerichts-Registratur
hinlegen, sodann deren Innhalt zu jedermanns Nachachtung nicht nur
an denen gewöhnlichen Orten, sondern auch jeden Jahrs auf denen
Herren-Gedingen verkünden lassen sollet. Geben Bonn den 20. December
1768.
Quelle:
Weistümer der kurkölnischen Ämter Kempen
und Oedt ... / Dieter Weber
Abschriften:
Kurkölnischer Druck der mit Preußen und Kurpfalz vereinbarten Niersordnung
aufgrund eines Kommissionsentwurfes (HStA Düsseldorf: Geldern, Administrationskolleg
216, Bl. 7— 22). Weitere Drucke in: HStA Düsseldorf, Kurköln II
2602" Bl. 28ff., 40f.; Kurköln II 2534, Bl. 245f.; Kurköln
IV 878.
Alle Umlaute im Druck durch darübergesetztes e gebildet.
Die äußere Textgestaltung des Druckes wurde im wesentlichen beibehalten
und nur die Interpunktion dem modernen Gebrauch angeglichen.