Schöffenweistum über die Hoheit des Kölner Erzbischofs und die Grundherrlichkeit des Abtes von Gladbach zu Oedt. 14. Juni 1554
Anno etcetera [15]54, am donnerstag den vierzehnden Junii, hat der ehrsahmer Göddert Arntz, scholtheiß zu Oedt, von wegen des ehrwürdigen herren abts zu Gladbach im vogtgedinge zu Uda nachbeschriebene fragstuck furgetragen und gerichtliche erklehrung darauf begehrt und erhalten, wie hernach folgt:
1. Zum ersten gefragt von unsers gnedigen churfursten und herren
hocheit und des ehrwürdigen herren abts zu Gladbach erbgrundtgerechtigkeith
des landtz und gerichtz Uda.
Darauf die scheffen erkant: wir erkennen unseren gnedigsten herren
ertzbischoven zu Cöllen oder den amptman zu Uda in statt des herren
fur einen schirmherren und gewaltherren und den ehrwürdigen herren
abten zu Gladbach fur einen erbgepietenden grundtherren, churmuitsherren,
zehend- und zinßherren; vort haben seine ehrwurden oder der schultheiß
von wegen seiner ehrwurden bier und brodt zu setzen, auch schultheiß,
scheffen, schreiber und gerichtzbotten zu setzen und zu entsetzen.
2. Zum anderen: auß was Ursachen und durch welchen botten das vogtgedinge
angestalt wirdt und wem die bruchten zukommen, dweil der schultheiß
von wegen des ehrwürdigen herren abts den gerichtspersohnen die
kost thuen mueß?
Darauf die scheffen erkant: wir haben von unseren vorfahren gehoert
und belehrt, daß der schultheiß daß vogtgedinge be-steuren und die
bruchten haben soll. Und der burggreff und befelchaber deß hauß
Uda alß vogt soll die scheffen mahnen und darvon haben einen halben
gülden current.
3. Zum dritten, wan ein nothgedinge begehrt und angestelt wirdt,
wie man sich darmit halten soll?
Darauf die scheffen erkant: der schultheiß sall solches bestueren
und fur seine gerechtigkeit davon haben einen halben goltgulden,
darvon dem befelchshaber des hauß Uda zu geben den dritten pfenning,
und der scheffen gerechtigkeit ist davon einen goltgulden.
4. Zum 4ten vom weckgedinge, wie man sich
darmit halten sall?
Darauf die scheffen erkant: der gerichtzbott sall das gebott thuen
und niemandtz anders. Und scholtheiß sall den scheffen mahnen; und
dair sall der amptman oder iemandtz von seinentwegen alß ein schweigender
herr beysitzen. Und der schultheiß sall die bruchten haben; darvon
kömpt dem amptman oder seinem befehlhaber von wegen schutz und schirms
der dritte pfenningh, außgenohmen were es sach, daß funf marck fielen,
darvon haben die scheffen den dritten pfenningh.
5. Zum 5ten von bier, brodt, maeß, gewicht
und deren bruchten.
Haben die scheffen erkant: daß man dat bier brawen sall, die quart
fur drittenhalben heller. So manch quart hocher verzapt wurde ohn
verleuf, sall der verbruchter geben 7½ albus. Die kannen zu klein
funden, sall man zu stuckeren schlaen; fur ieder kanne zur bruchten
7½ albus. Von ieder gebecks wegken, die nicht gewichtig seint, auch
zu bruchten 7½ albus, dieselbe zu stucken zu schneiden und umb gottes
willen zu geben. Der wein, bier, olich maeß und gewicht sollen gleich
sein der maeß und gewicht zu Kempen. Die bruchten, die darvon kommen,
sall der schultheiß haben ein deil und die scheffen zwey theil.
6. Zum 6ten, wan ein beleit sein soll, wer solches sall verschaffen?
Darauf die scheffen erkandt: solches sall der scholtheiß von wegen
des erbgepietenden grundtherren verschaffen; darvon gebuert ihme
½ goltgulden, den scheffen l goltgulden und dem schütz- und schirmherren
gebührt die brucht 5 marck wer in ungleichen erfunden wirdt.
7. Zum 7ten, wie man außlendische künden an dit gericht winnen
sall und wehr solches sall besteuren?
Darauf die scheffen erkant: wer solches vonnoeten hat, sall den
schultheiß verwilligen, zu schreiben an den richter, darunder die
künden geseßen, daß sie wie recht werden bescheiden.
8. Zum 8ten, wie und weme nae ergangenem
und in kraft verpliebenen urtheil die inrichtung und execution zu
doen gebuehrt und zustehe?
Darauf wardt erkant: der schultheiß von wegen des erbgepietenden
gerichtsherren sall mit zweyen scheffen und einen gerichtzbotten
inrichtung und execution thuen. Geschehe iemandtz daruber gewaldt,
so hat der schultheiß den schutz-ambtsverwalteren zu Oedt in stadt
unsers gnedigsten churfursten und herren umb schutz und schirm anzuruffen,
der ihme alßdan keinen schutz und schirm versagen, sonder ohn mittel
vorstendigh sein und die uberfahrer in straff nehmen sall, wie wir
dieß alles von unseren vorvatteren gelehret, gesehen und gehört
und biß anhero also gehalten und ohne indracht herbragt haben etcetera.
9. Item zum 9ten, wan ein nothgedinge oder unverzogen recht von dem scholtheiß alß ahn stadt des erbgepietenden grundt-herrens wirdt angestalt, wie lange solches dem amptman oder seinem darzu verordneten stadthalter vur dem dagh mueß angekundiget werden?
10. Zum 10ten, so duck und wannehr der scholtheiß
zu Uda maeß und gewicht ichen und meßen wilt, wie er sich darinnen
halten sall?
Darauf die scheffen sich erklehrt, daß ihnen solchen streit, zeithero
sie den scheffenstuel beseßen, niezeits wehre vorkommen; iedoch
haltens also breuchlich, daß der schultheiß dem amptman oder inhaber
des hauß Uda drey tag vor dem nothoder unverzogenen rechten, wie
im gleichen den scheffen und gerichtzpersohnen solle vermelden und
ankundigen; es wehre dan sach, daß von beyden grundt- und gewaltherren
bewiesen wurde, daß solches nit breuchlich were etcetera.
Darauf die scheffen erkant: der schultheiß sall zum gezuichnuß zu
sich nehmen zween scheffen mit den gerichtzbotten. Wan alßdan im
werck befunden wurdt beschwernuß von maaß und gewicht, sall der
schultheiß die partheyen vur dat recht bescheiden und alßdan die
zween scheffen sampt den gerichtzbotten mit zur kundtschaft zu gebrauchen
etcetera.
Quelle:
Weistümer der kurkölnischen Ämter Kempen
und Oedt ... / Dieter Weber
Abschriften:
1) 1577: HStA Düsseldorf, Abtei Gladbach, Akten 17 Nr. 6, Bl. 22—25
und 99—102 (unvollständig;.
2) 1666: ebd., Abtei Gladbach, RH 3, Bl. 228—230 (vollständig).
3) 1671: ebd., Kurköln II 2574, Bl. 21—22 (unvollständig).
4) 1698: ebd., Bl. 183—185 (vollständig).
5) 18. Jh.: ebd., Abtei Gladbach, Akten 17 Nr. 10, Bl. 15—16 (unvollständig)
und Bl. 103—105 (vollständig).
Druck:
Lacomblet, Archiv VI, S. 482—484.
Brasse, UB Gladbach II, Nr. 718, S. 113—116.
Die Wiedergabe folgt dem Text von 2).