Bereits im 80-jährigen Krieg war das seit dem Frieden
von Venlo (1543) habsburgische Herzogtum Geldern (ab 1555/56 unter
der Herrschaft Philipps II.) in zwei Teile zerfallen, die nach 1648
auch staatsrechtlich getrennt wurden. Die drei nördlichen Niederquartiere
Nimwegen (Betuwe), Arnheim (Veluwe) und Zutphen waren fortan fester
Bestandteil der Vereinigten Niederlande und bilden heute weitgehend
die Provinz Gelderland. Der beim Reich verbliebene und auch nach 1648
in spanischem Besitz befindliche kleinere Teil rechts und links der
Maas, das geldrische Oberquartier, wurde nach dem Ende des Spanischen
Erbfolgekrieges weiter zerstückelt und auf vier Territorien aufgeteilt.
Die Vereinigten Niederlande erhielten im Frieden von Utrecht (1713)
und im Barrierevertrag mit Preußen (1715) das vorher zum Amt Krickenbeck
gehörende Venlo, Beesel, das Amt Montfort, die Festung Stevensweert
und Nieuwstadt. Diese Gebiete schieden damit - wie zuvor schon die
drei Niederquartiere - aus dem Deutschen Reich aus. Sie erhielten
zunächst den Status von Generalitätslanden und boten den Niederlanden
die Möglichkeit, ihre Stellung an der Maas zu festigen, die dann 1815
noch weiter ausgebaut wurde.
Österreich als Haupterbe der Spanischen Niederlande erhielt nur einen
geringen Teil vom geldrischen Oberquartier: den Hauptort Roermond
sowie das Gebiet von Elmpt, Nie-derkrüchten und Wegberg, das wie ein
Sporn in jülichsches Gebiet hineinragte. Zum österreichischen Teil
Gelderns wurden ferner mehrere Herrschaften gerechnet, die historisch
gesehen zwar nicht zum eigentlichen Herzogtum gehörten, sich aber
dennoch in einer gewissen Abhängigkeit von Geldern befanden. Sie sind
auf der Karte zur besseren Kennzeichnung in Farbabstufung eingezeichnet.
Die von Jülicher Gebiet umgebene kleine geldrische Exklave Erkelenz
fiel an das Herzogtum Jülich.
Der größte Teil des Oberquartiers, in dem jedoch nur drei Städte (Geldern,
Straelen und Wachtendonk) lagen, kam durch den Frieden von Utrecht
an Preußen. Es waren die östlich der Maas gelegenen Ämter Geldern,
Straelen, Wachtendonk und Krickenbeck (mit der Exklave Viersen) sowie
das ausgedehnte Amt Kessel westlich der Maas und außerdem mehrere
östlich wie westlich des Flusses gelegene Herrschaften wie auch die
nördliche Exklave Middelaar. Bereits während des Spanischen Erbfolgekrieges
hatte Preußen 1703 die Festung Geldern und große Teile des ihm 1713
dann auch staatsrechtlich zugesprochenen Gebiets erobert. Da Roermond
als bisherige Hauptstadt des Oberquartiers nun zu Österreich gehörte,
wurde die Stadt Geldern Verwaltungssitz des neu geschaffenen , Herzogtums
Geldern preußischen Anteils' und zugleich Garnisonstadt. Mit dem Herzogtum
Geldern besaß Preußen erstmals ein fast ausschließlich katholisches
Gebiet. Um den konfessionellen Status zu bewahren, musste der preußische
König im Utrechter Frieden die Sonderrechte anerkennen, die bereits
Karl V. 1543 den geldrischen Ständen zugesichert hatte. Dazu gehörte
auch die Garantie des katholischen Bekenntnisses. Trotzdem war die
Integration schwierig. Sprachlich gehörte dieses neu erworbene preußische
Gebiet noch bis in die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts überwiegend
dem niederländischen Sprachraum an (vgl. Seite Sprachen
am Niederrhein, im Abschnitt "Sprachen (Hochsprachen) am
Niederrhein um 1789").
Quelle:
Hantsche Atlas zur Geschichte des Niederrheins, Essen 2004
Literatur:
GERARD VENNER, Die territoriale Entwicklung des geldrischen Oberquartiers,
in: Stefan Frankewitz und Gerard Venner, Die Siegel der Städte und
Dörfer im geldrischen Oberquartier. 1250-1798, Venlo 1987, S. 29-34;
A.M.J.A. BERKVENS, Die zweite Epoche der territorialen Ausdehnung
des geldrischen Oberquartiers, in: ebd., S. 41-44; JOSEF SMETS, De
la coutume ä la loi. Le pays de Gueldres de 1713 ä 1848. These d'Etat,
Montpellier 1994; Das Herzogthum Geldern Königl. Preußischen Antheils,
Berlin 1782/84 (Faksimile-Nachdruck, hg. von Gregor Hövel-mann, Geldern
1980); IRMGARD HANTSCHE, Geldern-Atlas. Karten und Texte zur Geschichte
eines Territoriums, Geldern 2003.