Im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts wurde der Niederrhein von den spanisch-niederländischen Auseinandersetzungen betroffen, die durch die unerbittliche und von großer Grausamkeit geprägte Bekämpfung des niederländischen Protestantismus durch Spanien, aber auch durch die Forderungen der Niederländer nach mehr Autonomie ausgelöst wurden. Diese Auseinandersetzungen eskalierten zum 80-jährigen Krieg (1568-1648), der schließlich zur Unabhängigkeit der sieben nördlichen Provinzen, der staatischen Niederlande, führte. Obwohl der 80-jährige Krieg die niederrheinischen Territorien eigentlich nicht tangierte, wurden sie dennoch von den Kampfhandlungen erfasst und zum Teil sehr stark in Mitleidenschaft gezogen. Denn sowohl die Spanier wie die Niederländer benutzten die Niederrheinregion als militärisches Operationsgebiet und hielten - häufig abwechselnd - eine Anzahl niederrheinischer Plätze besetzt.
Das Gefecht - gemahlt 1623 von Esaias van de Velde - demonstriert die militärische Schlagkraft der Vereinigten Niederlande.
Im Schutz der Dunkelheit überreiten niederläändische Kürassiere spanische Fußsoldaten.
Volk - Jan Steen, ca. 1626 - 1797
Die Welt scheint aus den Fugen geraten zu sein, ausgelassen feiert
das Volk in einer Taverne.
Schätzungen zufolge leben um das Jahr 1600 mehr als 20 Millionen Menschen
im römisch-deutschen Reich zwischen
Somme und Oder, Nordsee und Adria. Die meisten sind arme Bauern und
Handwerker, die aus Not ins Feld ziehen.
In den 80er-Jahren verquickten sich die Kämpfe zwischen
Spanien und den Niederlanden mit der Konfessionspolitik des kölnischen
Erzbischofs und Kurfürsten Gebhard Truchsess von Waldburg. Sein Ziel,
die kurkölnischen Territorien der Reformation zuzuführen, sie zu säkularisieren
und in ein erbliches Fürstentum umzuwandeln, hätte nicht nur die konfessionelle
Situation am Niederrhein grundlegend verändert, sondern wegen der
großen Bedeutung der Kurwürde auch Auswirkungen auf künftige Kaiserwahlen
gehabt. Die katholische ,Partei' im Reich ging daher in die Gegenoffensive,
und die strategische Bedeutung der kurkölnischen Lande für die spanischniederländischen
Auseinandersetzungen führte auch zum Eingreifen spanischer und niederländischer
Truppen. In diesem Truchsessischen Krieg (1583-1588) konnte sich Ernst
von Wittelsbach, der bereits 1583 vom Kölner Domkapitel zum neuen
Erzbischof gewählt worden war, mit bayerischer und spanischer Hilfe
auf ganzer Linie gegen Gebhard durchsetzen.
Da weder die Spanier noch die Niederländer die offizielle Neutralität
der Vereinigten Herzogtümer respektierten, wurden diese in die Auseinandersetzungen
hineingezogen. Bereits 1586 hatten die Niederländer die auf klevischem
Gebiet liegende strategisch äußerst wichtige Insel in der Trennung
von Rhein und Waal okkupiert und dort die Festung Schenkenschanz erbaut,
die stärkste holländische Befestigung gegen die spanischen Truppen.
Mit den Festungen Groenlo, Bredevoort, Wesel, Büderich, Rheinberg,
Orsoy, Moers und zeitweise auch Wachtendonk errichteten sie am Niederrhein
eine weit vorgeschobene Verteidigungslinie, den niederländischen tuin
(Zaun). Auch die Stadt Ruhrort war von niederländischen Truppen besetzt
worden und wurde deswegen 1587 durch spanische Truppen vom gegenüberliegenden
moersischen Homberg-Essenberg aus gestürmt, das die Spanier ihrerseits
erobert und mit Schanzen befestigt hatten. In anderen Fällen vermochte
der jülich-klevische Herzog Wilhelm der Reiche ebenfalls nicht, seine
Territorien gegen die Übergriffe von Spaniern und Niederländern zu
schützen. Auch nach dem Aussterben des jülich-klevischen Herzoghauses
1609 blieben Spanien und die Niederlande weiterhin militärisch präsent
in den Herzogtümern Kleve und Julien; weder der Brandenburger noch
der Pfalz-Neuburger,Possedierende', die das jülich-klevische Erbe
angetreten hatten, besaßen die militärische Kraft, um erfolgreich
dagegen vorzugehen. Sie mussten mit ansehen, wie spanische und niederländische
Truppen ihr Land durchzogen, sich dort bekämpften und - häufig abwechselnd
- feste Plätze besetzten, die zum Teil erst Jahre nach dem Friedensschluss
von 1648 geräumt wurden.
Die spanische Garnison zieht am 29.07.1641 von Gennep
nach Venlo,
mit Abbildung des Prinzen von Oranien, des Gouverneurs Thomas Preston
und des Prinzen und Wilhelm von Nassau / Kupferstich Jacob Martß de
Jonge
Original Beschriftung: Het spaens guarnisoen is in dese (hier afgebeelde)
ordre getrocken myt het Hyste Gennep na Venloo /
Hoc ordine atque hac forma ex arce Genapiensi egressum Venloum uersus
se contulit praesidium Hispanicum iuly 29 anno 1641
Quelle:
Hantsche Atlas zur Geschichte des Niederrheins, Essen 2004
Literatur:
FRANZ PETRI, Im Zeitalter der Glaubenskämpfe (1500-1648), in: Franz
Petri und Georg Droege (Hg.), Rheinische Geschichte, Bd. 2, Düsseldorf
1976, S. 9 ff.; IRMGARD HANTSCHE, Zwischen den Fronten. Das Herzogtum
Kleve als politisches und konfessionelles Umfeld Gerhard Mercators
während der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts, in: Gerhard Mercator,
Europa und die Welt. Begleitband zur Ausstellung, Duisburg 1995, S.
37-71.