Genealogische Zusammenstellung der Familie Steger vom linken Niederrhein

Das Amt Oedt

Die Chronologie der Besitzer -
die Bildung des Amtes Oedt als Verwaltungs- und Gerichtseinheit bis 1349

Im 10. Jahrhundert wurde im Jahre 973 vom Kölner Erzbischof Gero die Abtei Gladbach gegründet, die in diesem Zusammenhang u.a. mit erzbischöflichem Besitz zu Oedt ausgestattet wurde. Der Oedter Hofesverband und die zugehörigen Ländereien müssen sich also derzeit in erzbischöflichem Besitz befunden haben.
Wenn auch erst Weistümer des 16. Jahrhunderts (Schöffenweistum 1554) als Quellen vorliegen, in denen der Abt zu Gladbach als Grund-, Gerichts- Kurmuds-, Zehnt- und Zinsherr zu Oedt bezeichnet wird, so ist es ob der Schenkung im 10. Jahrhundert legitim, dem Gladbacher Abt seither diese Stellung kontinuierlich zuzurechnen. Im nördlichen Teil des späteren Amtes Oedt, dem späteren Pfarrsprengel, war die Abtei seither der einzige Grundbesitzer; im südlichen Teil, den Honschaften Unterbroich und Hagen, die kirchlich zur Pfarre Anrath gehörten, lagen neben dem Gladbacher Grundbesitz, Streubesitze anderer geistlicher Korporationen, vor allem des Kölner Pantaleonsklosters. Doch scheint die Abtei Gladbach auch hier frühzeitig und mühelos die Grundherrschaft an sich gebracht zu haben, da die Quellen nichts von irgendwelchen konkurrierenden Ansprüchen verlauten lassen.
Den Gladbacher Äbten scheint es jedoch nie gelungen zu sein, Ihre grundherrlichen Rechte in Oedt zur Landesherrschaft zu steigern. Jedenfalls sprechen die ersten diesbezüglichen schriftlichen Quellen nicht von Ihnen, sondern vom Grafen Dietrich Luf II von Kleve (1285 – 1308) als den Oedter Vogt.
Die Frage, wie denn Dietrich Luf II zu diesen vogteilichen Rechten gekommen sein mag, bringt schließlich bis ins 12. Jahrhundert Licht in die vogteilichen Verhältnisse zu Oedt, und muss nach aktuellem Forschungsstand aus folgenden Zusammenhängen abgeleitet werden:
Die Herrschaftsbildung des Amtes Oedt vollzog sich innerhalb eines Bezirkes, über den der Kölner Erzbischof ein auch die Gerichtshoheit einschließendes dominum superioritatis beanspruchte, da bis auf das Unterbruch die Oedter Villikation noch um die Mitte des 13. Jahrhunderts zum Kempener Byfang gehörte. Die Quellenlage spricht also dafür, dass trotz der Schenkung des Hofesverbandes Oedt durch Erzbischof Gereon als Ausstattungsgut an die Gladbacher Benediktiner Abtei, dieser Hofesverband bei der Vogtei Kempen als Obervogtei verblieb. Die Vogtei Kempen war von Kurköln an die Grafen von Geldern verlehnt. Diese wiederum haben die Vogtei Kempen den Grafen von Kessel afterverlehnt.
Die Grafen von Kessel sind seit dem 13. Jahrhundert als Vögte des Klosters Gladbach bezeugt. Sie haben also mit ziemlicher Sicherheit auch die Grundherrschaft zu Oedt innegehabt, auch wenn dafür keine ausdrücklichen Quellenzeugnisse vorliegen. Diese These wird dadurch gestützt, dass Oedt in unmittelbarer Nachbarschaft (z.B. zu Kempen u. Neersen) zum übrigen nachgewiesenen dominum der Grafen von Kessel lag, das weitgehend aus Kirchenvogteien gebildet wurde. So urkunden am 28. Juni 1285 noch Graf Heinrich von Kessel und seine Frau Lysa für Gladbach.
Dies vorausgesetzt, geht die Annahme, das der Klevische Graf Dietrich Luf II an die vogteilichen Rechte zu Oedt im Jahre 1285 oder 1286 durch Heirat der Witwe des letzten Grafen von Kessel, Lysa von Kessel, gelang. So nimmt z.B. am 18. März 1286 Dietrich Luf II von Kleve das Schloß Grevenbroich, an dem seine Frau Lysa die Leibzucht hat, als Lehen der Kölner Kirche in Empfang. Diese Lysa wird dabei durch ihre Siegelumschrift als comtissa de Kessele ausgewiesen. Auch in Tegelen beerbte Dietrich Luf II den verstorbenen Grafen von Kessel, so dass obige Annahme opportun scheint, nämlich das gleiches mit der Vogtei Kempen und der Vogtei Oedt geschah. Ein solcher Vorgang würde auch gut in die damaligen Beziehungen des Dietrich Luf II zum Herrn der Vogtei Kempen, also dem Kölner Erzbischof, und zu ihrem eigentlichen Inhaber, dem Grafen von Geldern, der die Vogtei an den Grafen von Kessel afterverlehnt hatte passen. Denn in der Schlacht von Worringen (1288) focht Dietrich Luf II an der Seite des Grafen Reinold von Geldern mit, von dem er dafür Geld empfing und noch nach der Schlacht von Worringen erklärte er sich im Jahre 1299 zum Lehnsmann Erzbischof Wikibolds von Holte, dem er sich zu Kriegsdiensten für die Kölner Kirche verpflichtete.
Dietrich Luf II stand also im Limburger Erbfolgestreit auf der Seite des Erzbischofs von Köln und verlor bei der Schlacht von Worringen nicht nur seine Freiheit sondern auch alle Aussichten auf die Bildung eines soliden und ausgedehnten Territoriums: Ausschlaggebend dafür dürfte zum Einen das Lösegeld, das vor allem die Stadt Köln von den Worringer Gefangenen erpresste, gewesen sein, da sein Aufbringen zu einer hohen Verschuldung des Grafen führte und zum Anderen dass er nach der Schlacht Grevenbroich nicht behaupten konnte und überhaupt einen Großteil vom Erbe der Grafen von Kessel den Grafen von Jülich überlassen musste.
Zwar konnte Dietrich Luf II, der 1304 zum letzten male erwähnt wird, seinem Sohn Dietrich Luf III noch ein relativ stattliches Erbe hinterlassen: Da war einmal der 1255 an Kleve gefallene Sayn’sche Besitz, der zum Teil im Pfandbesitz des Erzbischofs von Köln war, mit dem Dietrich Luf II als Zweitgeborener ausgestattet worden war – der bedeutendste Teil davon war die Grafschaft Hülchrath; dazu kamen weiter Burg und Herrschaft Kervenheim, die klevisches Lehen waren; und endlich – kleinere Rechte und Einkünfte nicht mitgezählt die Herrschaft Oedt.
Dietrich Luf III baute nun seine Herrschaften Hülchrath und vor allem Oedt stärker aus. Als Zeichen seiner herrscherlichen Stellung im Lande Oedt baute er 1312/1313 südwestlich der Oedter Kirche in der Niersniederung eine Burg, die Burg Uda
Er sah sich schon 1313 ob der hohen Verschuldung seines Erbes, wohl auch in Folge der Baukosten der Burg Uda, gezwungen, die Grafschaft Hülchrath und den übrigen alten Sayn’schen Besitz zu veräußern, wie wir einer Urkunde aus diesem Jahre entnehmen können. In dieser Urkunde ist auch zum ersten mal die Rede von der Burg Oedt:
Am 13. Juni 1313 trug Dietrich Luf III von Kleve, Graf von Hülchrath, seine Burg Oedt (castrum Ude) dem Kölner Erzbischof Heinrich von Virneburg als Lehen (tytulo feodi) auf und erklärte sich für diese seine Burg dem Erzbischof und dem Erzstift gegenüber als homo ligius qui vulgariter eyn ledich man appelatur. Er übernahm unter bestimmten Voraussetzungen die Verpflichtung, das Land Kempen (terra Kempen) gegen seinen Vetter, den Grafen Dietrich VIII von Kleve zu verteidigen und räumte dem Kölner Erzbischof das Vorkaufsrecht an seiner Grafschaft Hülchrath ein. Als Gegenleistung erließ ihm der Erzbischof Heinrich Schulden in Höhe von 1000 Mark.
1314 verkaufte Dietrich Luf III dann tatsächlich Hülchrath, an den Erzbischof, gab diesen Besitz aber erst 1322 nach der Bezahlung des größten Teils der Kaufsumme frei.
Bei diesem Verkauf Hülchraths hat er übrigens die zugehörigen Weinberge in Ahrweiler ausgeklammert und ließ sich zudem ein freies Geleit von jährlich 10 Fudern Wein (1 Fuder = Ladung eines zweispännigen Wagens von je 800 – 1000 l) von Ahrweiler nach Oedt vom Kölner Erzbischof ausdrücklich bestätigen. Wie wertvoll Ihm diese Fracht war, muss man aus der Häufigkeit schließen, mit der das freie Geleit der 10 Fuder Ahrburgunder auf dem Rhein bis Neuss und weiter bis zur Burg Oedt verbrieft und bestätigt ist: Nämlich in den Jahren 1314, 1322, 1223 und 1331, wobei diese Listung sicherlich nicht lückenlos ist.
Nach dem Verkauf von Hülchrath änderte er nach Ausweis seines Siegels nun seinen Titel und nannte sich fortan nicht mehr Herr von Kervenheim und Hülchrath (comes de Hilkerode) sondern Herr von Kervenheim und Oedt (dominus de Kervenem et de Ude).
Siegel
Nach dem söhnelosen Tode Dietrich Luf III, zwischen dem 16. November 1331 und dem 10. November 1332, fiel sein Besitz im Erbgang an seine Tochter Elisabeth, die in erster Ehe mit Gottfried von Bergheim aus dem jülicher Grafenhause verheiratet war.
Elisabeths Mann starb im Mai 1335. Vor dem 03. November 1348 ist Elisabeth gestorben und ihre Rechte und Besitzungen fielen an Jolanta von Bergheim, Ihrer Tochter aus erster Ehe. Jolenta und ihr Mann, Graf Enricho von Leiningen, verkauften nämlich mit Urkunde vom 03. November 1348 für 8000 Goldschilde an den Markgrafen Wilhelm von Jülich die burg, dat vurburge, dat dorp zu Oede, mit den mannen, mit den dinstmannen, mit den burgmannen, mit der herheit, mit den gerichten ho ind neder, die zu Oede gehorende sint, vort mit der kyrchgiecht van Oede, mit aller der rente, mit allen deme nutze ind urber, dy zu Oede gehorende sint ind so wie man die nennen mach ind so wa die gelegin sint, sunder yet usgescheidin; inde darzu die vaidie van Kempen ind alle die recht, die wylne her Dietrich van Kervenheim (Dietrich Luf III) ... an derselven vaidien van Kempen te haven plach.
Bereits am 5. Januar 1349 verkaufte Wilhelm von Jülich wiederum an Erzbischof Walram von Köln für 20000 Goldschilde. Die Vermutung, Markgref Wilhelm habe den Luf’schen Besitz von vornherein für seinen Bruder Walram erworben und den Zwischenkauf überhaupt nur eingeschaltet, um eventuelle klevische Ansprüche auszuschließen, geht wohl fehl:
Denn die Burg und Herrschaft Oedt wie auch wahrscheinlich die Vogtei Kempen hatten als kesselsches Erbe mit Kleve nichts zu tun. Kervenheim, das in Beiden Urkunden von 1348 und 1349 noch mit aufgezählt ist, hatte der Graf von Kleve der Tochter des Dietrich Luf III schon vorher mit Erfolg streitig gemacht und als Mannlehen eingezogen. Was den Markgrafen von Jülich dazu bewogen hat, diesen kostbaren Besitz, der sein Territorium aufs vorteilhafteste erweitert hätte, so rasch wieder zu verkaufen, gibt er selbst mit Geldnot an. Zwar regierte sein Bruder Walram das Erzstift Köln zumeist hart am Rande des finanziellen Ruins, doch dürfte er – nachdem er sich die Wahl Karl IV. zum römischen König mit beträchtlichen Summen hatte bezahlen lassen – gerade zu dieser Zeit über einiges Geld verfügt haben.
Die Herrschaft Oedt wurde als ein eigenes Amt in das Territorium des Kölner Erzstiftes eingegliedert, das castrum Ude wurde zur kölnischen Landesburg. Bei Kurköln blieb Oedt bis zum Ende des ancien régime.

Quellen
Weistümer der kurkölnischen Ämter Kempen und Oedt ... / Dieter Weber
Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, insbesondere das alte Erzbistum Köln / Heft 170
Die Geschichte des alten Amtes Oedt bis 1815 / F. Kogelboom / Oedt 1908
Territorienbildung in den Ämtern Kempen, Oedt und Linn / Hans Kaiser / Kempen 1979Locations of visitors to this page