Das Roer-Departement 1808
Von dem Unterpräfekten des Arrondissements Kleve,
dem ehemaligen katholischen Theologen und Mainzer Philosophieprofessor
Anton Josef Dorsch (1758-1819), der zunächst den Jakobinern nahe gestanden
hatte, erschien 1804 in französischer Sprache eine umfangreiche Beschreibung
des Roer-Departements. Dieser Statistique du Departement de la Roer
(Cologne, An XII) war auch eine Karte beigegeben, die allerdings in
einigen Einzelheiten korrigiert werden muss. Dorschs Aufstellungen
und Beschreibungen ermöglichen aber, die Organisation und Verwaltungsstruktur
des Roer-Departements nachzuvollziehen.
Das 1798 eingerichtete Roer-Departement war das nördlichste und größte
der vier rheinischen Departements. Es bestand hauptsächlich aus ehemals
preußischen, kurkölnischen und jülischen Territorien, umfasste aber
auch die Reichsstädte Köln und Aachen sowie weitere Klein-Territorien
wie die Herrschaften Dyck, Myllendonk, Wickrath, Hoerstgen und die
Abteien Burtscheid und Kornelimünster, insgesamt 30 ehemalige deutsche
Herrschaftsbereiche. Seine Ausdehnung betrug mehr als 300 Quadratmeilen
(= über 5.000 Quadratkilometer), seine Bevölkerung über eine halbe
Million Einwohner. Im Norden grenzte es an die 1795 errichtete Batavische
Republik (ab 1806 Königreich Holland), im Süden an die rheinischen
Departements ,Rhein und Mosel' und ,Saar', im Westen an inzwischen
ebenfalls französisches Gebiet, die Departements ,Ourthe' und ,Meuse-inférieure'
(Niedermaas); seine Ostgrenze war der Rhein, bis 1808 auch der Brückenkopf
Wesel Teil des Roer-Departements wurde.
Wie jedes Departement war auch das Roer-Departement in Arrondissements
eingeteilt, die nach ihren Verwaltungssitzen benannt waren: Aachen,
Köln, Krefeld und Kleve; Aachen war zugleich Departement-Hauptstadt.
Mit Ausnahme des Arrondissements Aachen, das direkt dem Präfekten
unterstand, wurden die Arrondissements von einem Unterpräfekten geleitet.
Jedes Arrondissement war in Kantone gegliedert, die in der Regel mehrere
Gemeinden (mairies) umfassten. Im Falle von Aachen, Köln, Krefeld
und Viersen waren wegen der Größe dieser Städte allerdings Kantonshauptstadt
und Gesamtkanton identisch. Bei den Kantonen erfolgte vielfach eine
Anlehnung an die alte Ämter-Einteilung.
Diese völlig durchorganisierte staatliche Administration entsprach
mit ihrer konsequenten Stufengliederung dem in Frankreich nach der
Revolution eingeführten System. Im Vergleich zu der vorherigen deutschen
Verwaltungsstruktur war die französische Administration effektiver,
ließ aber weniger Raum für die Selbstverwaltung. Dennoch ermöglichte
sie eine größere Rechtsgleichheit. Dazu trug bei, dass jeder Kanton
einen Friedensrichter und jedes Arrondissement ein Zivil- und ein
Strafgericht hatte. Außerdem bestanden als höhere Instanz Appellationsgerichtshöfe,
für Strafsachen in Aachen, für Zivilsachen in Lüttich. Das Recht wurde
kodifiziert, die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz garantiert,
wie auch der Anspruch auf einen mündlichen Prozess, der allerdings
in französischer Sprache stattfinden musste.
Quelle:
Hantsche Atlas zur Geschichte des Niederrheins, Essen 2004
Literatur:
WOLFGANG SCHIEDER (Hg.), Säkularisation und Mediatisierung in den
vier rheinischen Departements 1803-1813, Teil I: Einführung und Register
(= Forschungen zur deutschen Sozialgeschichte, Bd. 5), Boppard 1991;
Anton Josef Dorsch, Statistique du Département de la Roer, Köln 1804;
SABINE GRAUMANN, Französische Verwaltung am Niederrhein. Das Roerdepartement
1798-1814, Essen 1990; IRENE FELDMANN, Der Niederrhein in der,Franzosenzeit'.
Die französische Verwaltung im Departement Roer 1798-1814, in: Dieter
Geuenich (Hg.), Der Kulturraum Niederrhein, Bd. 2: Im 19. und 20.
Jahrhundert, Bottrop/Essen 1997, S. 49-68.